Gibt es ein schöneres Kompliment?
Freya von Stülpnagel
Seit über zwanzig Jahren haben David und ich die Seminare für Eltern nach dem Suizid ihres Kindes gehalten. Es waren immer sehr intensive, anstrengende Wochenenden, aber auch für uns erfüllte Tage, in denen sich viel Heilendes entwickeln konnte. Man mag es nicht glauben: es wurde natürlich viel geweint, aber auch viel gelacht. Die schnell gewachsene Nähe unter den Teilnehmern hat wertvolle Beziehungen, ja Freundschaften entstehen lassen. Ein besonderes Highlight war immer die letzte Samstagabendeinheit, in der David allen Teilnehmenden etwas ganz Individuelles mitgegeben hat. Seine hohe Aufmerksamkeit und seine Kompetenz ermöglichten es ihm, jedem etwas Wertschätzendes und Wünschenswertes für die Zukunft mitzugeben. Das hat alle zutiefst berührt und beschenkt.
Aber es gab in den Tagen auch immer wieder lustige Episoden. Drei möchte ich hier beispielhaft erwähnen:
„Einfach mal die Klappe halten“ (wenn der Mann meint, was die Frau machen sollte, damit es ihr besser geht) oder
wenn David auch immer mal von seinen Kindern sprach: „Interessant, dann werden wir den ersten Wurstfachverkäufer in unserer Familie haben!“ oder,
was ich immer zu gerne erzähle: Ein Ehepaar aus Schleswig-Holstein kam zu uns. Bei der Vorstellungsrunde meinte der Mann nur: „Ich komme nur meiner Frau zuliebe, damit sie die lange Fahrt nicht alleine hat. Und im Übrigen: von Psychologen halte ich überhaupt nichts.“ Am Samstag gegen Abend fragte die Ehefrau ihn dann: „Und wie geht es dir hier nun so?“ und er antwortete: „Ich häng an seinen Lippen!“
Gibt es ein schöneres, wertschätzenderes Kompliment?