Zur Segnung der Verstorbenen am 03.12.2023

Heute war so viel Licht. So ein klarer, blauer Himmel und der Schnee glitzert und glänzt, da muss ich die Augen zusammenkneifen, sonst käm zu viel Licht rein.

Zu viel Licht…

So geht mir das manchmal.

Dann finde ich das Helle schwer zu ertragen, wenn alles so toll ist, so schön, so winterzauberwunderbar… Wenn Schönes geschieht.

Genau dann trauert sich das Traurige noch tiefer ins Herz.

Seit Nicolas gestorben ist, unser Sohn, vor zweieinhalb Jahren, ist das so.

Ich sage manchmal, mein Leben ist nachgedunkelt. Und das wird immer so sein. Ich lebe kein Leben in totaler Finsternis, wirklich nicht. Ich kenn sie aber. Sie ist nicht immer gleich schlimm. Ich bin nicht immer gleich.

Finsternis ist nicht gleich Finsternis.

Und wir alle hier haben unsere eigene…

Ich habe gemerkt, ich kenne mich inzwischen ganz gut aus im Dunkeln. Weil es vertraut ist.

Als Nachtblinde weiß ich mir zu helfen. Es geht nicht alles so schnell. Man muss warten. Tasten. Lauschen. Abstand halten oder Nähe suchen, je nachdem. Vielleicht auch mal rufen: Bist du da, kannst du mir helfen?

Oder es gibt ein Geländer. Wenn du nachts durch ein Treppenhaus gehst und plötzlich geht das Licht aus – dann pass auf, dass du nicht ins Leere trittst, nicht hinunterstürzt. Achte auf deinen Weg. Bleib stehen, setz dich vielleicht auch einfach hin, auf eine Stufe. Oder geh behutsam, dein Fuß tastet, Stufe für Stufe, wo endet sie, wie weit noch, wie tief? Und die Hand sucht das Geländer – das führt dich. Vertrau.

Durchs Dunkel gehen geht.

Langsamer. Ängstlicher.

Du kannst dich an die Dunkelheit gewöhnen.

Und so was wie Licht entdecken.

Ganz leise. Ganz schwach - und gerade so stark genug.

Wie ein Nachtlicht für Kinder, oder wie wenn einer die Tür einen Spaltbreit offen lässt…

Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat´s nicht ergriffen.

Julia Rittner-Kopp

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