„Machen Sie was Schönes draus!”

Als ich gefragt wurde, ob ich nicht einen Beitrag für den Instagram-Adventskalender der Verwaisten Eltern in München schreiben könnte, mit dem trauernde Familien durch die Vorweihnachtszeit begleitet werden, war ich zunächst etwas ratlos. Auf der Suche nach einer Idee kam mir der Gedanke, den kleinen Stapel besonderer Briefe und Karten durchzuschauen, den ich seit dem Tod unserer Tochter Julia auf ihrem Schreibtisch gesammelt habe.

Schnell merkte ich, dass ich mir da keine leichte Übung auferlegt hatte. Es dauerte viel länger, als ich gedacht hatte, weil mich immer wieder Emotionen und Erinnerungen in eine Welt führten, die über vier Jahre nach Julias Tod vermeintlich schon ein gutes Stück hinter mir lag. Es liest sich eben nicht so gut, wenn Tränenschleier die Sicht trüben.

Kurz bevor die letzten Tempotaschentücher alle waren, habe ich sie dann gefunden, die Karte, die darauf gewartet hatte, aus ihrem vorweihnachtlichen Dornröschenschlaf auferweckt zu werden – ganz nach ihrer Bestimmung, etwas „Schönes daraus zu machen”:

„Machen Sie was Schönes draus!”

Mit diesen Worten drückte unser Pfarrer einer Familie nach der Beisetzung ihrer Tochter verschiedenfarbige Wollknäuel in die Hand. Die Tochter hatte sich ihr Leben genommen, nachdem es über lange Jahre hinweg immer mehr von schlimmen Depressionen bestimmt war.

Bei seiner Predigt hatte der Pfarrer die einzelnen Knäuel abgewickelt – die bunte Wolle für die schönen Zeiten, die schwarze Wolle für das seelische Leid, das schleichend hinzukam, bis es schließlich das Leben bestimmte. Doch da war auch noch ein goldener Faden, der vom ersten Tag an bis über den Tod hinaus die Verbindung mit Gott und auch die Liebe zu den Menschen darstellt, mit denen wir uns verbunden fühlen.

Die Familie hat unseren Pfarrer beim Wort genommen. Zu Weihnachten erhielten wir eine liebevoll gestaltete Karte, verziert mit einem selbst gestrickten bunten Streifen der Wolle und den Worten:

 

(Verfasser unbekannt)

 

Wir sind sehr dankbar für diese Karte und fühlen uns der Familie besonders verbunden, weil auch unsere Tochter Julia sich ein Jahr zuvor das Leben genommen hatte. Besonders berührt haben uns deshalb auch die persönlichen Worte, die sie uns zukommen ließen und die in dem Wunsch mündeten, dass sich auch in das Gestrick unseres Lebens in den kommenden Jahren wieder mehr bunte und helle Farben einfinden, aus denen feste und schöne Muster entstehen!

Diesen Wunsch möchten wir gerne weitergeben – ganz besonders an alle Eltern, die nicht nur in diesen Tagen um ihre Kinder trauern.

Horst und Johanna Baltruschat

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